Aktualisiert am 27 Januar, 2023 von Ömer Bekar

Eine Abmahnung ist zunächst nichts anderes als ein Hinweis auf ein Fehlverhalten und die formale Aufforderung, durch die eine Person eine andere Person dazu auffordert, ein bestimmtes Verhalten oder eine bestimmte Handlung in Zukunft zu unterlassen oder durchzuführen. Dabei können Abmahnungen prinzipiell bei allen gegenseitigen Vertragsbeziehungen und in allen Bereichen zivilrechtlicher Unterlassungsansprüche zur Anwendung kommen. Eine Abmahnung erfüllt im Wesentlichen drei grundlegende Funktionen, nämlich die Dokumentations-, die Hinweis- und die Warnfunktion. Das bedeutet, dass eine Abmahnung auf eine Verletzungshandlung hinweist, diese dokumentiert, den Abgemahnten dazu auffordert, diese Verletzungshandlung künftig abzustellen und die Konsequenzen benennt, die im Wiederholungsfall zu erwarten sind.

Im gewerblichen Rechtschutz, also beispielsweise im Urheber- oder im Wettbewerbsrecht, ist die Abmahnung außerdem ein Instrument, durch das Streitigkeiten auf direktem, kostengünstigem und außergerichtlichen Wege beigelegt werden sollen. Insofern soll die Abmahnung also kosten- und zeitaufwändige Gerichtsverfahren verhindern. Dennoch beschäftigen Abmahnungen die Gerichte regelmäßig und es gibt eine Reihe von Urteilen im Zusammenhang mit Abmahnungen. Hier sechs Beispiele.

 

Urteil 1.) Landgericht Hamburg, Az. 312 O 142/09

Grundsätzlich kann eine Abmahnung sowohl mündlich als auch schriftlich erfolgen. Wird die Abmahnung schriftlich ausgesprochen, kann sie auf dem Postweg, per Fax oder auch als E-Mail verschickt werden. Letzteres bestätigte das Landgericht Hamburg in dem oben genannten Urteil. Dabei ist die Abmahnung auch dann rechtswirksam, wenn sie von einem Spamfilter gelöscht wurde. Im Zweifel reicht es nämlich aus, wenn der Abmahnende nachweisen kann, dass er die Abmahnung verschickt hat.

 

Urteil 2.) Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz, Az. 8 Sa 949/06

Wenn eine Pflichtverletzung durch eine Abmahnung gerügt wird, ist diese Pflichtverletzung als Kündigungsgrund verbraucht. Durch die Abmahnung verzichtet der Arbeitgeber nämlich aus rechtlicher Sicht auf die Kündigung wegen dieses konkreten Fehlverhaltens. Eine Kündigung ist nur dann möglich, wenn der Abgemahnte das gerügte Verhalten in der gleichen oder in einer vergleichbaren Form wiederholt oder eine andere, gravierende Pflichtverletzung begeht.

 

Urteil 3.) Landesarbeitsgericht Düsseldorf, Az. 13 Sa 484/09

Damit eine Abmahnung wirksam und zulässig ist, muss der Abgemahnte eindeutig und unmissverständlich erkennen können, was ihm vorgeworfen wird, wie er sich in Zukunft zu verhalten hat und welche Konsequenzen drohen, wenn er das Fehlverhalten nicht abstellt. Erfüllt die Abmahnung diese Anforderungen nicht, kann der Abgemahnte verlangen, dass die Abmahnung aus seiner Personalakte entfernt wird.

Ein ähnliches Urteil fällte das LAG Düsseldorf unter Az. 9 Sa 194/09. Hierbei ging es um einen Arbeitgeber, der einen Arbeitnehmer wegen eines „Verstoßes gegen die Verschwiegenheitspflicht“ abgemahnt hatte. Allerdings ist eine solche Formulierung nach Ansicht des Gerichts zu allgemein und enthält keine eindeutige Warn- und Hinweisfunktion. Außerdem fehle der Hinweis, dass der Abgemahnte im Wiederholungsfall mit der Kündigung rechnen muss. Eine zu allgemein gehaltene Abmahnung ist damit unwirksam.

 

Urteil 4.) Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz, Az. 10 Sa 52/09

In diesem Urteil geht es ebenfalls um die Warnfunktion, insbesondere bei der letzten Abmahnung vor einer Kündigung. Hier urteilten die Richter, dass eine solche Abmahnung besonders eindringlich formuliert sein muss. Der Abgemahnte muss also eindeutig erkennen, dass die Kündigung erfolgt, wenn es noch einmal zu einer vergleichbaren Pflichtverletzung kommt.

 

Urteil 5.) Bundesgerichtshof, Az. VIII ZR 139/07

In diesem Fall ging es um eine Abmahnung im Zusammenhang mit dem Mietrecht. Ein Vermieter hatte einen Mieter abgemahnt, weil sich andere Mitbewohner über das zu laute Fernsehen beschwert hatten. Im Rahmen der Abmahnung hatte der Vermieter die fristlose Kündigung angedroht, falls der Mieter sein Verhalten nicht abstellen sollte. Der Mieter wollte durch seine Klage erreichen, dass die Abmahnung beseitigt wird, weil sie aus seiner Sicht unberechtigt sei. Nachdem die Klage vor dem Amtsgericht und dem Landgericht Köln abgewiesen worden war, entschied der BGH, dass der Mieter die Abmahnung hinnehmen müsse. Als Begründung wurde genannt, dass sich weder aus dem Mietvertragsrecht noch aus dem BGB ein Anspruch auf das Unterlassen oder Entfernen von Abmahnungen herleiten lässt. Zudem verletzt eine Abmahnung die Rechte eines Mieters noch nicht, unabhängig davon, ob die Abmahnung berechtigt oder unberechtigt ist.

 

Urteil 6.) BGH, Az. I ZR 140/08

Hintergrund dieses Urteils war eine Abmahnung, die ein Wettbewerber aufgrund einer Werbeanzeige für Kraftfahrzeuge eines anderes Wettbewerbers veranlasste. Zusammen mit der Abmahnung wurde eine vorformulierte Unterlassungserklärung und eine anwaltliche Gebührenrechnung verschickt und der Abgemahnte wurde dazu aufgefordert, die Erklärung abzugeben und die Abmahnkosten zu zahlen. Der Abgemahnte hielt die Abmahnung für unberechtigt und wies sie als unbegründet und unwirksam zurück, weil keine Vollmacht beigefügt war. Die Bundesrichter waren jedoch der Auffassung, dass es sich bei der Abmahnung um ein Angebot zum Abschluss eines Unterlassungsvertrags handelt. Daher greift hier die Vorschrift § 174 üBGB nicht, was bedeutet, dass für eine wirksame Abmahnung keine Vollmacht vorgelegt werden muss. Für die Praxis heißt dieses Urteil, dass nun endgültig und verbindlich geklärt ist, dass eine wirksame Abmahnung keine Vorlage einer Vollmacht erfordert.